Sprachkenntnisse? Etwas deutsch und ein bisschen Heavy Metal

Doppelinterview Joaquin Marin Avalos und Sohn Mario

Neues Land, neue Sprache: Für Joaquin Marín Avalos (49) und seine Familie gab es beim Umzug von Madrid nach Neumünster in Schleswig-Holstein einige Hürden. Allerdings nicht bei der Jobsuche: Schon ein halbes Jahr nach dem Umzug begann Joaquín seinen Job als Zusteller.

Spanische Familienfoto mit Vater und Sohn
Deutsch spricht der sympathische Heavy-Metall Fan auch fast fünf Jahre später kaum. Sein Sohn Mario (17) hingegen schon. Wir trafen uns mit den beiden und sprachen im Doppelinterview über Sprachbarrieren im Job und warum inzwischen die halbe Familie Avalos für die Zustellgesellschaft Schleswig-Holstein arbeitet. Mayo hat den spanischen Teil des Vaters für uns übersetzt.

Buenos dias Señor Avalos. Haben Sie heute schon Zeitungen ausgetragen?

Joaquín Avalos (lacht): Buenas dias. Ja, es ist 14 Uhr und ich habe schon seit acht Stunden Feierabend.

Wie kam es dazu, dass Sie den Job als Zustellkurier angenommen haben?

Joaquín: Als ich vor fünf Jahren nach Deutschland kam, sprach ich noch schlechter deutsch als jetzt. Ich komme ursprünglich aus Andalusien, wohnte aber lange in Madrid und habe in einer Autowaschanlage gearbeitet. Nachdem ich mit meiner Familie nach Deutschland gezogen war, ging ich auf Job-Suche. Ohne Deutschkenntnisse gestaltete sich das aber schwierig. Meine Frau hat dann die Stellenanzeige für den Zusteller-Job in der Zeitung gelesen. Ich reichte meinen Lebenslauf ein, wurde zum Bewerbungsgespräch eingeladen und ich bekam den Job. Die sprachliche Hürde war überhaupt kein Problem dabei.

Sohn Mario: Das war vor allem kein Problem, weil ich für ihn übersetzt habe.

Joaquín (lacht wieder): Ja das stimmt. Ich habe mehr mit Händen und Füßen gesprochen. Aber für meinen Chef war es nicht wichtig, dass ich kaum deutsch konnte. Denn die Arbeit kann ich auch so ausführen.

Das klingt so, als ob es auch im Arbeitsalltag keine Probleme mit der Sprache geben würde.

Joaquín: Eigentlich nicht. Wenn ich Zeitungen zustelle ist das an sich überhaupt kein Problem. Es kann passieren, dass ich einmal vergesse, eine Zeitung auszutragen, weil ich sie auf dem Laufzettel übersehe. Dann ruft mich mein Chef an und es ist etwas schwierig zu kommunizieren. Das ist aber kein wirkliches Problem. Mein Chef ist nett und verständnisvoll. Bislang konnten wir alles irgendwie klären.

Mario: Zur Not kann mein Vater mich anrufen. Er spricht schon besser deutsch, als am Anfang. Das Problem ist eher, dass er seine Deutschkurse nie zu Ende macht.

Joaquín: Ja, die Sprache ist schwierig. Meine Motivation hält nicht lange. Ich würde schon gerne besser deutsch sprechen können. Aber ich würde auch gerne E-Gitarre spielen können. Bei beiden Dingen breche ich nach ein paar Wochen wieder ab. Wenn Corona vorbei ist, mache ich aber ganz sicher einen Deutschkurs.

Würden Sie den Job also auch anderen Menschen empfehlen, die nicht perfekt deutsch sprechen?

Joaquín: Ja, absolut. Die Anweisungen sind sehr klar und einfach zu verstehen. Die Chefs sind dazu sehr locker drauf, nicht wie bei anderen Firmen.

Mario: Mein Vater hat neulich sogar eine Stelle als Zusteller an eine chilenische Freundin vermittelt. Ihr Sohn hat eine Behinderung. Ohne eine Arbeit hätte sie zurück nach Chile gemusst. Mein Vater hat ihr die Nummer von der Zustellgesellschaft gegeben und sie konnte dort anfangen zu arbeiten. Nun dürfen sie in Deutschland bleiben.

Als Zeitungszusteller arbeiten Sie vor allem nachts. Können Sie nach dem Austragen den freien Tag genießen oder sind sie sehr müde?

Joaquín: Das nächtliche Arbeiten ist für mich kein Problem. Je nachdem, wie lang die Tour ist, bin ich meistens zwischen zwei Uhr und sechs Uhr morgens unterwegs. Wenn ich von der Arbeit komme, trinke ich einen Kaffee und schaue mir die Route für den nächsten Tag an. Die hat die Zustellgesellschaft dann schon für mich vorbereitet. Danach lege ich mich ein bisschen schlafen.

Mario: In der Regel hat mein Vater zum Verteilen ein Fahrrad. Wenn er aber zum Beispiel drei verschiedene Bezirke auf seiner Route hat, bekommt er von der Zustellgesellschaft ein Auto. Darüber freut er sich immer sehr.

Joaquín: Bei Touren mit dem Rad nehme ich manchmal auch meinen Hund mit. Dann muss ich allerdings aufpassen, dass er nicht wegläuft, sonst dauert die Tour länger. Aber auch ohne Hund sind die Touren oft aufregender als man denkt. Und in der Regel passieren eher lustige und nette Sachen.

Zum Beispiel?

Joaquín: Am witzigsten sind eigentlich Begegnungen mit Tieren. Nachts sind da so einige unterwegs. Neulich habe ich einen Hirsch durch die Stadt laufen sehen. Das haben nur wenige Leute mitbekommen, da ja kaum jemand wach ist zu der Zeit. Und unsere Kunden sind allgemein sehr freundlich. Vor allem rund um Weihnachten. Da bekomme ich oft etwas Geld, Schokolade oder andere Süßigkeiten. In dieser Zeit ist es draußen auch am schönsten, wegen der ganzen Weihnachtsbeleuchtung.

Was sagt denn ihre Familie über Ihre Arbeit als Zusteller?

Joaquín: Die finden das super. Meine Ex-Frau arbeitet inzwischen ebenfalls als Zustellerin und mein Sohn trägt Zeitungen aus.

Mario: Korrekt. Ich brauchte einen Nebenjob und mein Vater hat mich an die Zustellgesellschaft vermittelt. Das war vor gut drei Jahren. Heute bin ich 17 und trage nach wie vor jeden Mittwoch das Anzeigenblatt aus. Das macht mir auch Spaß und ist ein guter Ausgleich neben Schule, Freunden und Fußball.

Wie ist das in Ihrer Heimat Spanien? Gibt es dort vergleichbare Zusteller-Jobs?

Joaquín: Naja. Die reichen Leute, die sich eine Abo leisten können, bekommen die Zeitung auch nach Hause geliefert. Aber in der Regel holen sich die Leute ihre Zeitung am Kiosk. Also es gibt den Job an sich schon, aber viel weniger Stellen. Das Ding ist auch: Wenn man ein Abo für eine Zeitung hat, bekommt man eine Zeitung, aber ungefähr doppelt so viele Werbeprospekte dazu.

Herr Avalos, vielen Dank für die Einblicke in Ihren Job. Ihre Tour für den nächsten Tag ist schon geplant?

Joaquín: Ja, ich habe ein bisschen Knieschmerzen in letzter Zeit. Daher mache ich im Moment nur zwei Bezirke. Morgen ist also eine kürzere Tour. Dafür reicht das Fahrrad. Aber wenn ich wieder fitter bin, nehme ich wieder einen Bezirk dazu.

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