GUTE ORIENTIERUNG HILFT BEI NEUEN ROUTEN
Jede Nacht steht Thomas um Mitternacht auf und macht sich auf den Weg zur Druckerei, in der er auf die fertigen Zeitungen wartet. „Das ist aber eine Ausnahme, weil ich Springer bin. Die anderen Zusteller holen sich ihre Zeitungen meist in ihren jeweiligen Depots ab”, erklärt Thomas. Depots sind die zentralen Orte, an die die Zeitungen nach dem Druck üblicherweise geliefert werden. Die Kollegen im Druckzentrum sind für ihn „fast schon Familie”, wie er sagt. Das tägliche gemeinsame Arbeiten in der Nacht würde sie zusammenschweißen.
Wenn er die Zeitungen eingeladen hat, macht er sich mit seinem Laufplan auf den Weg zum Einsatzgebiet und verteilt seine Ladungen. Jeweils eine Woche vorher bekommt er gesagt, auf welchen Routen er eingesetzt wird. „Ich habe eine gute Orientierung, deswegen finde ich mich auch in fremden Gebieten schnell zurecht”, sagt er. Mittlerweile kenne er ohnehin schon fast alle Routen, die es in Osnabrück und dem Umland gibt.
An manchen Tagen ist Thomas nicht nur in der Nacht unterwegs. Zusätzlich trägt er dann tagsüber beispielsweise das Wochenblatt, die Osnabrücker Nachrichten oder Briefe aus. Dabei lerne er viele Leute kennen. „Da wird man auch schon mal zu einem Bier eingeladen”, sagt er schmunzelnd. Im Vergleich zu einem Bürojob sei er als Zusteller viel mehr in Bewegung. „Es hat auch einen sportlichen Aspekt. Für meinen Sport werde ich bezahlt. Wer kann das schon sonst von sich behaupten”, erzählt Thomas und lacht.
„DU BIST DOCH MEIN TAXI, ODER?“
Während seiner Zusteller-Tätigkeit hat er schon so einige Situationen erlebt, die nicht alltäglich sind. „Einmal saß ich nachts in meinem Auto und ein Betrunkener wollte bei mir einsteigen. Der meinte: ,Du bist doch mein Taxi, oder? Ich muss nach Bramsche’”, erinnert sich Thomas. Und auch mit der Polizei hat er bereits häufiger Kontakt gehabt. Aber natürlich nicht, weil er irgendwas angestellt hat. „Wenn irgendwo nachts ein Einbruch war und die Beamten mich mit den Zeitungen vorbeilaufen sehen, fragen sie natürlich, ob ich etwas mitbekommen habe”, berichtet er. Ab und an habe er auch schon selbst die Polizei angerufen, wenn ihm etwas komisch vorkam. „Die sind natürlich dankbar, wenn es um diese Uhrzeit Zeugen gibt – normalerweise schlafen die meisten Leute da ja”, sagt der 66-Jährige.
Er wisse, dass für viele die Nachtarbeit unvorstellbar sei. Doch der Körper gewöhne sich recht schnell daran, dass man zu den ungewöhnlichen Uhrzeiten aufstehen müsse, ist Thomas überzeugt. „Die Leute müssen einfach Spaß an der Arbeit haben, dann ist auch die Uhrzeit egal”, sagt er. Er selbst freue sich jedes Mal, wenn er bei klarem Nachthimmel die Zeitung verteile und den Sternenhimmel beobachten könne: „Da denke ich mir immer, dass ich den richtigen Job mache.”